„In sum, the Russian reset was clearly a joke to Putin, and for obvious reasons. To him, Obama’s weakness was on full display, and Hillary (and Bill) Clinton’s own vulnerabilities would one day be exploited.“
Mit diesen Worten fassen John Solomon und Seamus Bruner das klägliche Scheitern der amerikanischen Beschwichtigungspolitik gegenüber Wladimir Putin zusammen. In ihrem hier zu besprechenden Buch arbeiten die beiden Autoren höchst detailliert heraus, wie der russische Präsident die offensichtliche Schwäche des politischen Establishments in Washington gnadenlos zu seinen Gunsten ausnutzte.
Solomon und Bruner knüpfen mit ihrem Werk an die Arbeit von Peter Schweizer an, der in „Clinton Cash: The Untold Story of How and Why Foreign Governments and Businesses Helped Make Bill and Hillary Rich“ bereits auf die zahlreichen finanziellen Verstrickungen der Clintons aufmerksam machte. Es ist deshalb nicht überraschend, dass Schweizer auch das Vorwort zum Buch von Solomon und Bruner verfasst hat.
Im Zentrum ihrer gründlich dokumentierten Ausführungen steht die intensive Beschäftigung mit der russisch-amerikanischen Kooperation im Bereich der zivilen Nutzung der Nuklearenergie. Diese Kooperation war Teil des sogenannten „Reset“, mit welchem die Obama-Administration erfolglos versuchte, die Beziehungen zu Moskau grundlegend zu verbessern. Neben Präsident Obama und den Clintons war es vor allem Joe Biden, der als Vizepräsident in den „Reset“ und dessen Auswirkungen involviert war. Bei den Autoren heißt es hierzu passend:
„In February 2009, Vice President Joe Biden was the first to proclaim the administration's desire to press the reset button with Russia.“
Als die Obama-Administration ihre Amtsgeschäfte aufnahm, befanden sich die bilateralen Beziehungen zu Russland im freien Fall. Moskau hatte Kriege in Georgien und in Tschetschenien geführt. Pläne der Regierung Bush, in Osteuropa Einrichtungen zur ballistischen Raketenabwehr zu installieren, wurden vom Kreml vehement abgelehnt. Außerdem setzte der „Russische Bär“ sein Erdgas dazu ein, um die Ukraine unter Druck zu setzen.
Präsident Putin hatte seit seinem Amtsantritt konsequent daran gearbeitet, die Rohstoffindustrie seines Landes zu zentralisieren. Rohstoffe waren und sind für ihn ein geostrategisches Instrument, das er skrupellos zur Wohlstands- und Machtmaximierung nutzt. Bereits in seiner Dissertation, die er wahrscheinlich nicht selbst geschrieben hat, die aber sein politisches Denken gut widerspiegelt, machte er unmissverständlich deutlich, dass die enormen Rohstoffvorkommen effektiv und nachhaltig den nationalen Interessen dienen müssen. In einer Zusammenfassung seiner diesbezüglichen Überlegungen ist zu lesen:
„In this regard, in the upcoming decades, the strategic goal of state policy in the area of the replenishment (renewing), usage and conservation of natural resources is the achievement of an optimal level of replacement, sustainable, rational and balanced consumption and conservation of the entire range of natural wealth; this is directed at increasing the socio-economic potential of the country, the quality of life of the population, the realization of the rights of the current and future generations to use the natural resource potential and to a benign environment for habitation, stronger savings of raw materials, stocks, and energy at all stages of its production and consumption, the creation of the basis for a transition to sustainable development and a high level of responsibility for making various internal and external political decisions directed at the realization of geopolitical interests and in compliance with Russia’s national security.“ („Putin's Thesis - Raw Text“, The Atlantic, August 20, 2008)
Für den Bereich der Nuklearenergie bedeutete dies in der Praxis, dass Putin danach strebte, den weltweiten Uranmarkt zu dominieren. Hierzu gründete er mit Rosatom ein staatlich kontrolliertes Unternehmen, welches dank der Rückendeckung durch den Kreml dazu im Stande war, die westliche Konkurrenz auszustechen. Solomon und Bruner schreiben hierzu treffend:
„Rosatom, which Putin had launched in 2007 through a massive restructuring of Russia’s many nuclear assets, had the full backing of the Kremlin. Rosatom was neither a federal agency nor a private corporation. It was a public-private hybrid.
As a quasi-state-owned enterprise, Rosatom enjoyed advantages that its Western competitors did not: its expenditures were subsidized, its profits were privatized, and its losses were socialized.
Putin’s nuclear powerhouse basically had a blank checkbook from the Kremlin while retaining the autonomy and privacy of a corporation. As such, Rosatom dominated the entire nuclear fuel cycle in ways no private competitor could dream of doing.“
Dennoch war es für Putin zunächst nicht einfach, in den nuklearen Energiesektor Nordamerikas einzudringen. Die Anfänge, die in den neunziger Jahren eingeleitet worden waren, kamen durch die allgemeine Verschlechterung der zwischenstaatlichen Beziehungen in den letzten Jahren der Regierung Bush nicht wirklich voran.
Erst der Wahlsieg von Obama eröffnete Putin ungeahnte Möglichkeiten, seine strategischen Interessen zu verwirklichen. Die Amerikaner verkannten völlig die unerfreuliche Tatsache, dass Präsident Medvedev lediglich den Platz für Putin warm hielt. Er war kein liberaler Reformer. Entsprechend wurde das idealistische Entgegenkommen der Obama-Administration von Moskau als reine Schwäche interpretiert. Die Autoren formulieren es wie folgt:
„Then-Russian President Dmitry Medvedev, it turns out, was only a political front man for Vladimir Putin and not the crusading reformer that the Obama administration had assumed. Under the reset, Medvedev was able to advance Putin's agenda — all under the guise of diplomacy.“
Zu den einseitigen Zugeständnissen, die Obama und sein Team gegenüber Russland machten, gehörten der Verzicht auf die geplante Raketenabwehr in Osteuropa und ein Rüstungskontrollabkommen („New START“), welches die amerikanische Fähigkeit zur atomaren Abschreckung erheblich reduzierte.
Zudem ließ es die Regierung Obama zu, dass die amerikanischen Kernkraftwerke bei ihrem Bezug von nuklearem Brennstoff von Russland abhängig wurden. Ein großer Schritt in diese Richtung glückte Putin durch die Übernahme der kanadischen Firma Uranium One, die zu den globalen Führern beim Abbau von Uranerz gehörte. Die beiden Autoren schreiben:
„Uranium One was headquartered in Canada but mined uranium all over the world. The uranium mines in Kazakhstan were Uranium One’s crown jewels, and Putin had been eyeing them for nearly a decade.“
Außenministerin Clinton, welche die Übernahme von Uranium One hätte verhindern können, tat dies nicht. Ihr Ehemann wurde dafür durch ein extrem hohes Honorar belohnt, das er für eine einzige Rede in Moskau erhielt. Die Stiftung der Clintons konnte sich gleichfalls über den Eingang von zahlreichen Spenden freuen, die von Personen oder Organisationen stammten, die direkt von der Firmenübernahme profitierten. Wie Solomon und Bruner bemerken, war der eigentliche Hauptgewinner jedoch kein Geringerer als Wladimir Putin:
„Putin had set his sights on global nuclear domination before President Barack Obama took office and then, just two days after Obama’s second inauguration, Putin had achieved a near virtual monopoly (producing more uranium than all American miners combined). In a single purchase, he had gained full control of one of the world’s largest uranium mining companies and a nuclear foothold in the land of his greatest adversary.“
Einen solchen Erfolg konnte Putin nur deshalb erzielen, weil die Obama-Administration sämtliche Warnsignale ignorierte, die darauf hindeuteten, dass die Russen nicht mit offenen Karten spielten. So betrieben sie in den USA ein Spionagenetzwerk, welches das Umfeld von Außenministerin Clinton infiltrierte. Präsident Obama und Vizepräsident Biden waren aber mehr darüber besorgt, dass die Aufdeckung dieser Aktivitäten die Beziehungen zu Moskau schädigen könnte. Die Autoren fassen es folgendermaßen zusammen:
„Vice President Joe Biden, National Security Advisor Tom Donilon, and the “diplomatic players” agreed with the president. Biden and Donilon strongly argued in favor of sweeping the illegal spy ring under the rug. Without a hint of irony, Biden said, “Our national security interest balance tips heavily to not creating a flap.” Obama’s top officials apparently believed that bowing to Russia was in the best interests of U.S. national security and that punishing Russian spies would blow up the relationship.“
Dank eines Informanten war sich das FBI jedoch darüber im Klaren, dass Putins nukleare Ambitionen mit den nationalen Interessen Amerikas völlig unvereinbar waren. In einem ganzen Kapitel beschreiben die Verfasser, wie es Doug Campbell gelang, die illegalen Machenschaften der russischen Atomwirtschaft auf amerikanischem Boden aufzudecken. Selbst die nuklearen Verflechtungen zwischen dem Iran und Russland konnte der Geschäftsmann aus Florida teilweise offenlegen. Über Campbell heißt es im Buch anerkennend:
„Doug Campbell appeared to friends, family, and Florida colleagues as a globetrotting business consultant who successfully dabbled in agriculture products, nuclear fuel, and other commodities. Never one to settle down, he seemed every inch the model of an ambitious corporate climber, married to his job by day and to his church life on weekends. But the silver-haired businessman harbored a secret for more than three decades that even his closest friends did not detect: His frequent international travels were cover for work as an operative for the United States government.“
Die gefährliche und aufopfernde Arbeit von Doug Campbell nutzte allerdings nichts, weil sich die Regierung Obama dazu entschloss, mit Russland unter allen Umständen zu kooperieren. Nachrichtendienstliche Erkenntnisse, die diesem Ziel widersprachen, wurden komplett ausgeblendet. Washington war sogar noch dazu bereit, die russischen Kapazitäten auf dem Feld der elektronischen Aufklärung und Kriegführung massiv voranzutreiben. Dementsprechend fungierte „Uncle Sam“ beim Aufbau von Skolkovo, dem russischen „Silicon Valley“, als Geburtshelfer. Solomon und Bruner führen dazu aus:
„Skolkovo was perhaps the Kremlin’s boldest maneuver yet. Envious of America’s technological success, the Russians sought to re-create the West Coast high-tech industrial hub in the suburbs of Moscow. But unlike the bottom-up innovation that defines Silicon Valley, where computer geniuses like Bill Gates and Steve Jobs pinched their pennies and built the first personal computers in their garages, Skolkovo was a top-down state-run project that sought to replicate decades of trial and error seemingly overnight.
It was also a ploy to steal American intellectual property and transfer technological secrets to the Kremlin.“
Die Autoren zitieren Andrew C. McCarthy, der über Skolkovo urteilte: „The project was like an espionage operation in broad daylight, openly enhancing Russia’s military and cyber capabilities.“
Zu den Verantwortlichkeiten und Intensionen, wie sie sich auf der amerikanischen Seite manifestierten, sagte Solomon in einem Interview unumwunden:
„Hillary Clinton’s State Department was the lead on this. Joe Biden was the architect of this. The idea was Russia is behind in the technology space, and if we help build them a technology economy, they’ll stop stealing our stuff and be able to sustain themselves, and we’ll have a friendly partner thousands of miles away in Moscow. That was the farthest thing from the truth.“ (Robert Kraychik, John Solomon: ‘Joe Biden Was the Architect’ of U.S.-Funded ‘Military Espionage Outpost’ in Russia, Breitbart, July 28, 2020)
Eine derart verfehlte Politik musste früher oder später scheitern. Mit der Washingtoner Unterstützung des revolutionären Umsturzes in der Ukraine und der aggressiven Reaktion von Moskau, die zur Annexion der Halbinsel Krim und zu bewaffneten Aufständen in der Ostukraine führte, lief das amerikanisch-russische Verhältnis 2014 schließlich unübersehbar auf Grund.
Obama ernannte nun seinen Vize als „point man“ für die Ukraine. Dieser sollte dem osteuropäischen Land wirtschaftlich und politisch unter die Arme greifen, wozu auch die Bekämpfung der dort vorherrschenden Korruption gehörte. Damit machte Obama den Bock zum Gärtner. Hunter Biden, ein Sohn des Vizepräsidenten, wurde nämlich von einer ukrainischen Energiefirma beschäftigt, die ihm ohne jede Qualifikation ein äußerst hohes Monatsgehalt zahlte. Was Hunter Biden zu bieten hatte, war sein familiärer Hintergrund, der die Türen bis ins Weiße Haus öffnen konnte.
Als dann der ukrainische Generalstaatsanwalt gegen die Firma ermittelte, die Hunter Biden auf der Gehaltsliste führte, bestand dessen Vater darauf, dass der Generalstaatsanwalt entlassen wurde. Später prahlte der ehemalige Vizepräsident damit, wie er in seiner offiziellen Funktion die ukrainische Staatsführung unter Druck gesetzt hatte, damit der lästige Staatsanwalt gefeuert wurde. Vor dem Council on Foreign Relations sagte er wörtlich: "I looked at them and said, 'I'm leaving in six hours. If the prosecutor is not fired, you're not getting the money.' Well, son of a bitch. He got fired.“
Joe Biden wurde in Energiefragen außerdem von einem Mann beraten, der selbst schon zur Wahrung russischer Interessen engagiert worden war. Amos Hochstein kannte keinerlei Skrupel, wenn es darum ging, die nuklearen Ambitionen des Kreml zu fördern. Die Autoren schreiben:
„Time and again, Biden's advisor failed to mention that he had witnessed Putin's energy strategy firsthand. Hochstein communicated Putin's energy dominance strategy in the oil and gas sectors very effectively, but he never mentioned Russia's attempts to corner the global uranium market. It was something he had assisted personally.
While working as a U.S. lobbyist in the private sector, Hochstein had advised Rosatom's subsidiary: Tenex.“
Als Clinton zum zweiten Mal für die Präsidentschaft kandidierte, war die gescheiterte Beschwichtigungspolitik der Obama-Administration gegenüber Russland zu einem echten Hindernis auf dem Weg ins Weiße Haus geworden. Aus diesem Grund bemühten sich die Demokraten darum, den Republikanern den Schwarzen Peter zuzuschieben. Solomon und Bruner meinen hierzu treffend:
„The Russian reset was now a major political liability in the 2016 election, and Clinton's team needed to neutralize the issue. It was this desire, according to one Clinton insider, that led Democrats to launch a massive, multi-pronged opposition research project in late 2015 aimed at tying Republicans to Russia.“
Diese mehr als unredlichen Bestrebungen mündeten in der falschen Behauptung, dass Trump und sein Team mit den Russen kollaboriert hätten, um die Präsidentschaftswahl von 2016 zu gewinnen. Die gezielt konstruierte Anschuldigung wurde nicht nur von den Demokraten vertreten, sondern sie wurde auch von den Massenmedien verbreitet, die damit ihren Hass auf „The Donald“ freien Lauf ließen. Und selbst Teile der permanenten Bürokratie und der Nachrichtendienste schlossen sich dieser Verschwörungstheorie an und setzten ihre institutionelle Macht dazu ein, um Trump und dessen Mitstreiter zu verunglimpfen und strafrechtlich zu verfolgen.
Wie die Verfasser in ihrem Buch jedoch klar herausarbeiten, waren es Angehörige der Regierung Obama, die im Umgang mit Putin primär an ihre persönlichen Interessen dachten, anstatt die nationalen Interessen ihres Heimatlandes konsequent zu verteidigen. So konnte Russland seine internationale Position deutlich verbessern, während die Vereinigten Staaten unter der Führung von Obama, Biden und Clinton ganz erheblich an Boden verloren.
Die Ausführungen von Solomon und Bruner sind insgesamt gesehen hervorragend gelungen. Man kann nur hoffen, dass ihr absolut empfehlenswertes Werk von möglichst vielen Lesern verschlungen wird.
Jürgen Rupp
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